Walter Serner

Walter Serner, geb. Seligmann, geb. am 15.1.1889 in Karlsbad/Böhmen im Haus Nr. 623 (Edelweiß, damals Bahnhofstraße 12)


Eintrag im Karlsbader Geburtsregister: „15. Januar 1889 Haus Nr. 623 Karlsbad Kreis Eger, nicht beschnitten, Walter Seligmann, 2. Kind, männlich, ehelich, Vater Berthold Seligmann, Redakteur in Karlsbad, gebürtig von Lichtenstadt, ehelicher Sohn des David Seligmann aus Lichtenstadt und der Fanny geborene Lang. Mutter Emilie Seligmann, eheliche Tochter des Franz Gerstner, Zimmermann in Karlsbad gebürtig mos.? und der Josefine geborene Zeitz. Pate Julius Seligmann. Hebamme Mara Marsoner (?). Das Kind sammt seiner Eltern oder bloß sammt seiner Mutter ist fremd, und gehört nach Lichtenstadt (?). Anmerkung: Unterschrift Berthold Seligmann."


Weiterer Eintrag: "Laut des Erlasses der k.u.k. Statthalterei in Böhmen vom 19. Mai 1909 Z.111863 wurde dem als Kind benannten Walter Seligmann anlässlich seines Übertritts zum Christentume die Änderung des Familiennamens in „Serner“ bewilligt. Karlsbad 3. Juni 1909. Dr. Ziegler“

Vater und Großvater

Auf dem jüdischen Friedhof in Karlsbad/ Karlovy Vary steht der Grabstein von Vater Berthold und Großvater David Seligmann.


Ein Eintrag im Geburtsregister weist anlässlich der Geburt von Julius Seligmann (jüngerer Bruder von Berthold) für David Folgendes  aus:


„Sohn des Jacob Hirsch Lederer aus Lichtenstadt, und der Mutter Lilla, geborene Seligman aus Kirchenbirg“, gestorben („im 71. Lebensjahr“, siehe Grabstein) am 19.11.1888


Berthold Seligmann, Serners Vater, wird am 23.9.1852 in Lichtenstadt/Hroznětín geboren; er starb am 6.4.1925 in Karlsbad "im 73. Lebensjahr"


Berthold Seligmann heiratet am 1.5.1887 die damals 25jährige Emilie Gerstner aus Karlsbad. Der Eintrag im Heiratsregister bezeichnet ihn als "Redacteur" und von der Religion als "israelitisch", sie als "Zimmermalerstochter" (?) und als "confessionslos". Ihre Eltern sind Josef Gerstner, Zimmermaler (?) und Josefa, geb. Zeitz. Die Trauzeugen sind Richard Lippmann ("Apotheker"?) und "Med. Dr." Sigmund Hirsch aus Karlsbad. Vollzogen wird die Trauung von dem "k.u.k. Bezirkshauptmann" Karl Graf Coudenhove.

Großmutter und Cousin Lothar

Über die Großmutter von Walter Serner, Fanny Seligmann, steht im Geburtsregister Folgendes:


"Ester (Fanny) Seligmann (geb. Lang), geboren 26.3.1814, aus Petschau (Eltern: Lothar und Minna Lang, geb. Feigl, beide aus Petschau)"


Mit ihr begraben wird der Cousin von Walter Serner, Lothar Seligmann. Er ist der Sohn von Julius Seligmann, dem jüngeren Bruder Bertholds, und übernahm nach dessen Tod die familieneigene Druckerei.


Lothar Seligmann wurde am 18.2.1905 in Karlsbad im Haus 1024 (Haus der Familie Seligmann am Elisabethkai) geboren. Er starb am 18.11.1928 in Karlsbad. In den Linzer Nachrichten vom 1.1.1928 ist auf Seite 3 unten folgende Nachricht verzeichnet: "Die Tat eines Irrsinnigen. Aus Karlsbad wird berichtet: Lothar Seligmann, der Sohn des verstorbenen Herausgebers der "Karlsbader Zeitung" , wurde am 26. Dezember nachts von einem plötzlichen Anfall geistiger Störung ereilt. Er bewaffnete sich mit einer drei Meter langen Geometerstange, eines Signaltrompete, legte sich einen Turban auf und ging so, Signale ausstoßend, in der Richard Wagnerstraße auf und ab. Hierbei warf er einen schweren gläsernen Briefbeschwerer durch die Fenster seiner Tante im Haus "Johore", wobei zwei Fenster zerschlagen wurden. Weiter überfiel er einen dort vorbeigehenden Privatbeamten, den er mit der Stange auf den Kopf schlug. Hierauf lief er in den Elisabethpark, wo er vom Wachtmeister Dietl gestellt wurde, dem er den Helm zerschlug und im Gesicht verwundete. Nach Herbeieilen von zwei Wachleuten wurde der Irrsinnige überwältigt und mittels Rettungsautos in das Krankenhaus eingeliefert."


Onkel Julius Seligmann

Julius Seligmann wurde am 13.7.1854 in Karlsbad geboren und starb dort am 2.8.1921. Er leitete mit Berthold Seligmann die familieneigene Druckerei und war auch schriftstellerisch tätig.


Er ist der Pate von Walter Serner und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er - gerade auch aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit - einen nicht unerheblichen Einfluss auf ihn gehabt hat.


Seine Frau Lina, die Tante Walter Serners, starb schon früh im Alter von 30 Jahren am 13. Mai 1908. Die Gestaltung des sehr schönen Grabsteines legt von der Tragödie beredtes Zeugnis ab. Der Text (von Julius Seligmann?):


"Du gingst dahin so jung, so früh!

Den Gatten gram und schmerzgebeugt,

Das Kind, Dein Alles, ließest Du

Verwaist und mutterlos zurück.

Dem trauten Heim, das Du geschaffen,

Fehlt nun die Seele und das Leben.

Fehlt Deiner Augen Sonnenblick.

Vergessen sein wirst Du uns nie!" h!

Heirat von Walter und Dorothea Serner am 5.2.1938 - Letztes Treffen in Karlsbad?

Walter Serner heiratet am 5. Februar 1938 seine langjährige Lebensgefährtin Dorothea Herz, geschiedene Stahl, in Karlsbad. Seine Trauzeugin ist seine Schwester Ada. Als Wohnort gibt Walter Serner "Karlsbad 418" (Haus 418?) an, als Beruf "Schriftsteller". Auch Dorothea Serner gibt als Wohnort Karlsbad an. Seine Schwester Ada wohnt im "Albertshof". Der andere Trauzeuge ist Willi Klier, wohnhaft in Karlsbad in der "Gartenlaube". Der 1900 geborene Maler bekam bereits 1924 den Wiener Kunstpreis, wurde mit noch nicht 30 Jahren als Professor an die Kunstakademie Wien berufen und war von 1928 bis 1932 freischaffender Künstler in Berlin und München. Er überlebte den Krieg und zog 1946 an den Chiemsee, wo er 1968 starb.



Geschwister:
Ada, Herbert, Frieda

Walter Serner hat 3 Geschwister:


Adele (auch Ada) Seligmann, geb. 26.2.1888 in Karlsbad, Haus Edelweiß (Nr. 623, wie Walter); Ada reist

am 12.2.1913 mit Schwester Friedl Seligmann in die USA ein; angegebene Ankunftsadresse: Bruder Herbert Seligmann, New York, 23 Z (?), West 22th Str., Schiff: Kaiser Wilhelm aus Bremen; sie reist erneut am 20.10.1919 in die USA ein, Schiff La Touraine von Havre, angegebene Referenz: „Sister Mr. A. Ward, Covent Aven. New York“. Ein weiterer Eintrag in den Passagierlisten weist die Einreise von Adele nach New York am 26.2.1936 mit der "S.S. Washington" aus. Als heimische Referenz gibt sie "Friend Dr Karl Hahn Carlsbad House, Carlsbad" an, als Anlaufadresse in den USA "Sister Friedel Ward, 250 (260? 280?) Riverside Dr. New York." Bei dem Freund handelt es sich wohl um den einige Jahre jüngeren Dr. Karl Josef Hahn (1912 - 2001), der den eindrucksvollen Erlebnisbericht "Kristallnacht in Karlsbad" schrieb.


Frieda (genannt auch Friedl) Seligmann, geb. 27.2.1892 in Karlsbad, Einreise in USA am 12.2.1913, Reise mit Schwester Ada; angegebene Ankunftsadresse: Bruder Herbert Seligmann, New York, 23 Z (?), West 22th Str., Schiff: Kaiser Wilhelm aus Bremen, Einreise USA am 11.11.1914 von Rotterdam; Frieda heiratet am 20.1.1917 den am 29.12.1886 in Chicago geborenen Alfred (James) Ward. Mit diesem reist sie etwa 22.9.1929 von Hamburg nach New York ("S.S. Cleveland", Adressse: 1040 Park Avenue, New York). Er arbeitet 1942 bei "E. H. Rollins & Sons, Inc. , 44 Wall Street", beide wohnen zu dieser Zeit 4 Dartmouth St., Forest Hills, Queens, New York, zur Miete, haben keine Kinder, das Jahreseinkommen beträgt 2.862 Dollar.


Herbert Seligmann, geb. 5.10.1893 in Karlsbad im Haus Nr. 228, („Der Vater ließ das Kind nicht beschneiden“, Pate Eduard Pelz), emigriert in die USA, Ankunft 30.11.1911 (mit dem Schiff König Albert von Bremen; angegebene Adresse: Adolphe Flisser, 38 w Houston Str. New York). Überliefert ist eine "Registration Card" von 1917, in der Herbert angibt, verheiratet zu sein und als Werbevertreter ("Advertising Salesman") zu arbeiten.



Die Daten der Familienangehörigen von Walter Serner sind neben den Arbeiten von Thomas Milch und den dort publizierten Dokumenten (insb. Der Abreiser, Goldmann, 1988, und Krachmandel auf Halbmast, Renner 1992) eigenen Erkenntnissen wie etwa den Grabsteinen auf dem Karlsbader jüdischen Friedhof und verschiedenen Datenbanken entnommen, insb. den inzwischen online einsehbaren Geburtsregistern der Stadt Karlsbad und benachbarter Orte und The Statue of Liberty - Ellis Island Foundation (Originalpassagierlisten der in New York ankommenden Schiffe). Negativmitteilungen (keine Unterlagen, insb. kriegsbedingt möglich) kamen zu Walter und Dorothea Serner (auch zu etwaigen Polizeiakten) sowie zur Familie von Dorothea (Herz) vom Landesarchiv Berlin. 

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